Als einen „Sprachwandel im Zeitraffer“ bezeichnet Michael Becker-Mrotzek, Direktor des Mercator-Instituts für Sprachförderung, den aktuellen Diskurs ums Gendern. Er sieht die teils vehementen Diskussionen rund um die Abschaffung des generischen Maskulins als eine normale Ausprägung des Sprachwandels. Und dieser ist nicht neu. Schon in den 1970er-Jahren gab es erste Bestrebungen, die Sprache geschlechtersensibler zu gestalten. Für Lehrkräfte als auch für Schulen im Allgemeinen stellt sich die Frage: Welche Regelungen sind verbindlich und wer vertritt welche Position? Ein Überblick.
Warum gendern?
Ist „nicht mitgenannt“ wirklich „mitgemeint“? Auch wenn die Verwendung von Begriffen wie Steuerberater, Arzt, Gärtner oder Lehrer prinzipiell Frauen mitmeint: Die Zuhörenden assoziieren mit diesen Begriffen zunächst eine männliche Person. Denn sie blenden das aus, was nicht explizit gesagt wird. Dies belegen diverse psycholinguistische Studien, wie ein Artikel auf der Seite Quarks.de veranschaulicht.
Welche Gender-Formen gibt es?
Derzeit (Stand Juni 2022) sind verschiedene sprachliche Gender-Formen gängig, die unterschiedlich stark in die Sprache eingreifen.
Feminisierung: Zusätzlich zur generisch maskulinen Bezeichnung wird die weibliche Form genannt: „Lehrer und Lehrerinnen“ oder „Schülerinnen und Schüler“.
Feminisierung plus Auslassungszeichen oder Großschreibung: Hier werden die durch die Feminisierung entstehenden, oft sperrigen Begriffe per Bindestrich oder durch ein im Wort eingefügtes „I“ (Großbuchstabe) abgekürzt: „Lehrer/-innen“ und „Schüler/-innen“ bzw. „LehrerInnen“ und „SchülerInnen“.
Neutralisierung: Statt geschlechtsdefinierender Bezeichnungen werden neue, neutrale Begriffe verwendet, etwa „Lehrkraft“ bzw. „Lehrende“ oder „Studierende“. Ist grammatikalisch eine solche Konstruktion nicht möglich, kommen Umschreibungen zum Einsatz: „In der Politik Tätige“ oder „Mensch in der Politik“.
Gender-Zeichen: Hier wird zwischen dem männlichen Wort und der weiblichen Endung ein Sonderzeichen eingefügt, nämlich entweder Sternchen („*“), Unterstrich („_“) oder Doppelpunkt („:“). Diese Form des Genderns schließt ausdrücklich auch Personen ein, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen können.
Welche Leitlinien gelten?
Für Schulen verbindlich sind derzeit die 2016 von der KMK herausgebrachten „Leitlinien zur Sicherung der Chancengleichheit durch geschlechtersensible schulische Bildung und Erziehung“. Sie beziehen sich jedoch nicht nur auf die sprachliche Dimension, sondern auf eine allgemeine, auf Chancengleichheit und Geschlechtersensibilität basierende schulische Bildung. Die Übersichtsseite „Gender und Schule“ liefert hierzu Best-Practice-Beispiele.