Weniger Sicherheit, weniger Geld? So einfach ist es nicht. Wer an Privatschulen unterrichtet, stößt beim Thema Gehalt nicht selten auf Überraschungen, die mit gängigen Klischees aufräumen. Interview mit Dr. Jörg Köbke, Geschäftsführer der Personalberatung LehrCare.
Kann man wirklich pauschal sagen, dass Lehrkräfte an Privatschulen weniger verdienen als an staatlichen Schulen?
Die Frage lässt sich nicht so einfach beantworten. Das Beamtentum und die entsprechende Besoldung bieten klare Vorteile, sowohl während der Beschäftigung als auch im Rentenalter, da es einfach weniger Abzüge bzw. eine höhere Rente gibt. Allerdings sind Lehrkräfte nicht überall verbeamtet. Einigen bleibt die Verbeamtung aufgrund gesundheitlicher Faktoren oder aufgrund ihres Alters auch im Staatsdienst verwehrt oder sie gelten als Seiteneinsteiger und erfüllen so die nötigen Voraussetzungen nicht. Da sich mittlerweile die meisten Schulen in Freier Trägerschaft am TV-L oder TVöD orientieren, gibt es zumindest für diese Gruppen kaum noch Unterschiede zum öffentlichen Dienst. Zudem vergüten einige private Schulen auch übertariflich oder stufen Berufsanfänger höher ein als dies an einer öffentlichen Schule der Fall wäre. Auch Berufserfahrene werden häufig genauso eingestuft, wie es ihrer Einstufung beim vorherigen Arbeitgeber entspricht. Zudem bieten Privatschulen oft zusätzliche Extras, die sehr attraktiv sein können.
Können auch verbeamtete Lehrkräfte an Privatschulen arbeiten?
Es gibt Bundesländer, wie beispielsweise Hessen aber auch einige andere, die sogenannte Plan- oder Leerstellen für Beamte zur Verfügung stellen können. Dies gilt häufig für Leitungs- aber auch für Lehrkräftestellen. Man kann dann als Beamte bzw. Beamter mit entsprechender Besoldung dort arbeiten, ohne finanzielle Einbuße hinnehmen zu müssen oder seinen Beamtenstatus zu verlieren. Auch die zahlreichen kirchlichen Träger locken mitunter mit Beamtenstellen (Kirchenbeamte), die denen des Öffentlichen Dienstes gleichen. Schließlich ist ebenso die Beurlaubung in den Privatschuldienst möglich, wenn auch zeitlich befristet. Eine Rückkehr in den Staatsdienst nach in der Regel drei bis sechs Jahren ist dann garantiert. Freie Träger, die beurlaubte Beamte beschäftigen, zahlen im Idealfall zudem einen Ausgleich für Pensionsansprüche und die Beihilfe, sodass den Kolleginnen und Kollegen keinerlei finanzielle Nachteile entstehen.
Vor allem in puncto Altersvorsorge sind Angestellte ja deutlich schlechter gestellt als Verbeamtete. Holen Privatschulen ihre angestellten Lehrkräfte bei dieser Thematik ab – etwa mit Arbeitgeber-Leistungen zur Altersvorsorge o.Ä.?
Betriebliche Altersvorsorge wird von privaten Trägern in der Regel seit jeher geboten. Aber inzwischen gibt es noch viel mehr. Damit meine ich nicht Vermögenswirksame Leistungen, die es auch oft gibt, aber meist nicht so attraktiv sind, sondern, je nach Träger, zahlreiche, teils sehr attraktive Extras. Neben einmaligen Unterstützungen, z. B. bei Umzug oder Wohnungssuche, zählen dazu etwa monatliche Sachbezüge, Urlaubs-, Weihnachts- und Erholungsgeld, WLAN-Zuschüsse für zu Hause, kostenfreies Mittagessen in der Schule oder Übernahme sämtlicher Material- oder Fortbildungskosten – auch das läppert sich natürlich. Bei Vergütung analog zum TV-L ist auch ein 13. bzw. anteiliges 13. Monatsgehalt nicht zu vergessen. Überdies bieten manche Schulen auch attraktive Zusatzversicherungen zu beispielsweise Unfallversicherung oder Zahnersatz bzw. Zuzahlungen wie Krankentagegeld, Elterngeld, Kinderzuschuss, Schulgeldermäßigung und -befreiung für eigene Kinder. Das geht bis hin zu sogenannten beamtenähnlichen Versorgungssystemen, die den Leistungen bei Verbeamtung in nichts nachstehen, auch im späteren Ruhestand.
Bei der Festanstellung an Privatschulen erfolgt eine Eingruppierung in Entgeltgruppen. Diese staffeln sich u.a. nach der Berufserfahrung. Bestehen hier Verhandlungsmöglichkeiten?
Ja und nein. Auch die Freien Schulträger sind ja auf die Zuschüsse über die Ersatzschulfinanzierung der Länder und die Einnahmen aus Schulgeld etc. angewiesen, um die Minderfinanzierung durch erstere auszugleichen. Zudem müssen sie um des internen Friedens willen in der Regel darauf achten, dass Lehrkräfte mit gleicher Qualifikation und Berufserfahrung auch gleich verdienen. Es gibt aber Ausnahmen. Wenn man den Eindruck hat, dass die Schule einen unbedingt haben will oder man dort arbeiten möchte, obwohl eine andere Schule etwas mehr bietet, kann man zudem versuchen zu verhandeln. Da haben Privatschulen mehr Spielraum als staatliche Einrichtungen. Ich würde bei Gehaltsverhandlungen deshalb auch immer etwas höher pokern.
Wo und wie können sich Lehrkräfte am besten über Gehaltsverhandlungen mit Privatschulen informieren?
Speziell für Lehrkräfte oder Schulleitungen gibt es da meines Wissens nichts. Sich bei einer Schule in Freier Trägerschaft zu bewerben, ist ja sehr ähnlich wie sich in der freien Wirtschaft zu bewerben. Da hilft mitunter jeder gute Bewerbungsratgeber oder auch ein Coach. Wir von LehrCare beraten unsere Kandidatinnen und Kandidaten natürlich unentgeltlich, wie man sich bei Gehaltsverhandlungen verhalten sollte und was man ggf. wie fordern kann. So manches Mal haben wir schon erreicht, dass eine Lehrkraft höher eingruppiert wurde oder eine Schulleitung ihr Wunschgehalt erhalten hat, weil die Vorstellungen des Trägers nicht der aktuellen Marktlage entsprachen.
Fazit: Das Gesamtpaket ansehen
Die finanziellen Vorteile von Verbeamtung und späterer Pension gleichen Privatschulen nur aus, wenn sie Planstellen zu vergeben haben oder – bei Beurlaubungen – Differenzen ausgleichen, respektive eine beamtenähnliche Versorgung über ein privates Versorgungswerk anbieten. Was aber die Vergütung im an Privatschulen dominierenden Angestelltenverhältnis angeht, so stehen viele Schulen in Freier Trägerschaft den staatlichen im Gegensatz zu früher in nichts nach. Es lohnt sich daher, sich das Gesamtpaket anzusehen und weitere Benefits der privaten in die Entscheidung mit einzubeziehen. Verhandeln Sie immer mit Ihrem künftigen Arbeitgeber. Vielleicht stuft er Sie eine Stufe höher ein, weil er unbedingt mit Ihnen arbeiten möchte oder zahlt Ihnen ein E-Bike, bietet freie Schulplätze für die eigenen Kinder oder finanziert ein zusätzliches Masterstudium, z. B. in Schulmanagement. Zu unterschätzen sind auch nicht die weiteren Vorteile: häufig kleinere Klassen, bildungsnahe Schülerschaft, kürzere Fahrtwege, sehr gute Ausstattung, eine wirklich kollegiale Arbeitsatmosphäre, große Gestaltungsmöglichkeiten und weniger Bürokratie.
Zum Weiterlesen: „Lieber angestellt als verbeamtet – warum sich viele angehende Lehrkräfte gegen den Staatsdienst entscheiden“