Wer sind die Akteure in und um Schulen in freier Trägerschaft? Welches sind ihre Aufgaben? Wo liegt ihre Motivation – wo ihre Ideale? Unsere Interview-Reihe “PRIVATSCHULEN: EINBLICKE – AUSBLICKE” fragt nach und stellt vor.
Diese Woche: Tilman Kern, Geschäftsführer des Bundesverbands der Freien Alternativschulen e.V. (BFAS)
Herr Kern, eine der Aufgaben Ihres Verbandes ist es, Schulgründungsinitiativen zu unterstützen. Welche Ratschläge und konkreten Hilfestellungen geben Sie den Gründungsgruppen mit auf den Weg?
Wir haben unseren Erfahrungsschatz in einer Gründungsmappe gebündelt und bieten damit einen ersten Einstieg zur Orientierung, welche Aufgaben auf SchulgründerInnen zukommen. Wir empfehlen allen AlternativschulgründerInnen, sich unbedingt Zeit zu nehmen für die Hospitation an arbeitenden Alternativschulen. Wichtig ist aus unserer Sicht auch die Findung einer engagierten Gruppe von GründerInnen, denn jede Schulgründung bedarf unterschiedlicher Mitstreiter, die sich in Sachen Pädagogik, aber auch bei Belangen wie Finanzen, Gebäudesuche etc. einbringen.
Ende September findet in Stuttgart das Bundestreffen des BFAS statt. Welche Themen werden dort auf der Agenda stehen?
Zum Bundestreffen erwarten wir wieder um die 200 Menschen aus Alternativschulen oder mit Interesse am „Anderen Lernen“. Thematisch werden wir uns den Ursprüngen der Alternativschulen widmen: Welche waren das in den unterschiedlichen Zeiten? Wie gehen wir heute damit um? Darüber hinaus gibt es jede Menge weitere Angebote, wie Gründungsberatung, Workshops zu Evaluationsverfahren uvm.
Lehrkräfte an Schulen in freier Trägerschaft sind Angestellte und profitieren somit nicht von einigen Annehmlichkeiten verbeamteter Kolleginnen und Kollegen. Was spricht für eine Lehrtätigkeit an freien Schulen?
Alternativschulen bieten ihren PädagogInnen einen großen Gestaltungsspielraum. Notenfreies Arbeiten, die konsequente Teamarbeit und die Umsetzung pädagogischer Konzepte, in deren Mittelpunkt Selbstbestimmung, demokratisches Miteinander und gegenseitiger Respekt stehen, finden viele PädagogInnen attraktiv.
Was ist beruflich Ihre größte Motivation?
Menschen bei der Gründung und Gestaltung von Schulen, in denen die Selbstbestimmung, demokratisches Miteinander und gegenseitiger Respekt im Mittelpunkt stehen, unterstützen zu können.
Wie blicken Sie auf Ihre eigene Schulzeit? Gibt es prägende Erlebnisse, die in Ihre heutige Tätigkeit hineinwirken?
Die ersten fünf Schuljahre noch in der DDR, kam der Aufbruch nach 1989 gerade rechtzeitig. Prägend waren sicher die LehrerInnen, welche sich für ihre Sache engagierten. Die Auseinandersetzung mit einer Schülermitbestimmung, die sich nur im sehr geringen Maße im Schulalltag wiederfand, war ein Antrieb, sich für Kinderrechte einzusetzen. In Freien Alternativschulen ist dies ein zentraler Punkt und wichtige Motivation für meine Tätigkeit beim BFAS.
Auf welche berufliche Frage hätten Sie gerne eine Antwort?
Wie 16 landesrechtliche Regelungen für Schulen in Freier Trägerschaft in eine Übersicht von wenigen Seiten zu pressen sind. 🙂
Was macht für Sie eine gute Lehrerin/einen guten Lehrer aus?
Professionelle Beziehungskompetenz, fachliche Begeisterung, hohe Reflexionskompetenz, eine gute Brise Humor und keine Scheu vor produktiven Auseinandersetzungen sind sicher keine schlechten Voraussetzungen.