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Privatschulen mit besonderen pädagogischen Schwerpunkten Teil 5: Schulen für Hochbegabte

Als hochbegabt gilt, wer über einen Intelligenzquotienten von 130 oder höher verfügt. Zum Vergleich: Einen IQ von 100 erreichen ca. 50 % der Bevölkerung, ein IQ von 115 attestiert bereits die Fähigkeit zu Bestleistungen. In Deutschland geht man von ca. 360.000 hochbegabten Kindern aus. De facto können Schülerinnen und Schüler mit besonderer Begabung ihre Fähigkeiten jedoch nur dann voll entfalten, wenn sie gezielt gefördert werden. In „normalen“ Schulen fallen Hochbegabte daher nicht zwangsläufig durch herausragende Leistungen auf – im Gegenteil: Oft führt die Unterforderung im Unterricht zu innerer Abkehr oder gar zur Auflehnung gegen die Schule. Nicht selten sind hochbegabte Kinder daher auch verhaltensauffällig. Um Kinder mit Hochbegabung ganzheitlich fördern zu können, sind in den letzten Jahrzehnten in Deutschland mehrere private Schulen für Hochbegabte entstanden.

 

Anforderungen an Lehrkräfte

Hochbegabte Kinder entwickeln ihre herausragenden Fähigkeiten in den unterschiedlichsten Feldern, wie beispielsweise im logisch-mathematischen, kreativ-künstlerischen, sprachlichen, musikalischen, sportlichen oder sozialen Bereich. Lehrkräfte an Privatschulen für Hochbegabte benötigen daher ein besonders fundiertes Wissen in ihrem Fachbereich und die Bereitschaft, sich kontinuierlich intensiv weiterzubilden. Darüber hinaus sind Einfühlungsvermögen, Geduld und Empathie unerlässlich.

 

Entfaltungsmöglichkeiten für Lehrkräfte

Lehrkräften, die sich zur intensiven Betreuung und Förderung Begabter berufen fühlen, bieten sich besonders an privaten Schulen für Hochbegabte zahlreiche Entfaltungsmöglichkeiten. Von Vorteil ist einschlägige Erfahrung in der Arbeit mit Begabten und/oder eine entsprechende Weiterbildung. Am Internationalen Centrum für Begabungsforschung Münster (ICBF) können Lehrkräfte unter anderem das Weiterbildungsstudium „Specialist in gifted Education“ absolvieren. Dieses schließt mit dem sogenannten ECHA-Diplom ab (European Council for High Ability). Das Studium liefert zum einen Hintergrundwissen zu den Themen Intelligenz, Motivation, Kreativität und individuelle Förderung und führt Lehrkräfte zum anderen praktisch in die optimale Begleitung von Hochbegabten ein. Ein weiterer Fokus liegt auf der Diagnostik von Hochbegabung. Neben dem ECHA-Diplom können Lehrkräfte am ICBF auch Abschlüsse zum ECHA-Coach sowie zum Beratungslehrer absolvieren.

 

Entstehung

Die Förderung Hochbegabter steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Von einer systematischen, gezielten Förderung kann erst seit den frühen 1980er-Jahren die Rede sein. Da staatliche Schulen auf die Bedürfnisse von Kindern mit besonderer Begabung nur sehr eingeschränkt eingehen können, haben sich in Deutschland einige Privatschulen dieser Aufgabe verschrieben.

 

Umsetzung in die Praxis

Privatschulen für Hochbegabte existieren in zwei unterschiedlichen Modellen: Einige Schulen nehmen ausschließlich hochbegabte Schülerinnen und Schüler auf und unterrichten diese in relativ kleinen Klassen. An anderen Privatschulen lernen sowohl „normal“ begabte als auch hochbegabte Kinder und Jugendliche. Allerdings werden dort für Hochbegabte eigene Klassen und/oder Fördergruppen unterhalten. Generell gehen Schulen für Hochbegabte über die regulären Lehrpläne hinaus und fördern ihre Schülerinnen und Schüler so individuell wie möglich. Wie dies im Einzelnen in die Praxis umgesetzt wird, variiert von Schule zu Schule.

 

Status

Die Abschlüsse von privaten Schulen für Hochbegabte sind in Deutschland anerkannt, sofern nicht ein besonderer pädagogischer Schwerpunkt besteht, der dies einschränkt.

 

Finanzierung

Als staatlich genehmigte Ersatzschulen erhalten private Schulen für Hochbegabte staatliche Zuschüsse, deren Höhe je nach Bundesland variiert. Sie decken zwischen 50 und 60 % der schulbetrieblichen Kosten. Der restliche Kostenteil stammt aus Elternbeiträgen und Eigenmitteln. Weitere Informationen zum Status und zur Finanzierung von Schulen in freier Trägerschaft gibt eine entsprechende Broschüre des Verbands deutscher Privatschulverbände (VDP).

 

Weitere Informationen

Die Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind e.V. (DGhK) informiert über Hintergründe zur Hochbegabung sowie über regionale und überregionale Beratungsmöglichkeiten. Informationen zu Weiterbildungen für Lehrkräfte liefert das Internationale Centrum für Begabungsforschung Münster (ICBF).

Privatschulen mit besonderen pädagogischen Schwerpunkten Teil 2: Waldorfschulen

Die Anthroposophie, das Leitbild der Waldorfschulen, geht von der Dreigliedrigkeit des Menschen aus. Deshalb fördern Waldorfschulen die intellektuell-kognitiven („Denken“), die künstlerisch-kreativen („Fühlen“) und die handwerklich-praktischen („Wollen“) Fähigkeiten ihrer Schüler. Dazu bieten sie zahlreiche handwerklich-künstlerische Fächer an und der Unterricht enthält viele künstlerische Elemente. Rein optisch zeigt sich der anthroposophische Geist der Waldorfschulen in der Gestaltung der Schulgebäude. Hier herrschen Naturfarben und runde, geschwungene Formen vor und die architektonischen Elemente sind in besonderer Weise ausgerichtet.

 

Entstehung

Die erste Waldorfschule entstand vor nunmehr fast einem Jahrhundert. Sie wurde 1919 in Stuttgart von dem Reformpädagogen Rudolf Steiner begründet. Leitbild ist die anthroposophische Geisteswissenschaft Steiners, die anthropologische und spirituelle Inhalte beinhaltet. Steiners Motivation für die Neugründung einer Schule war, das vorherrschende „Prinzip der Auslese“ durch eine „Pädagogik der Förderung“ zu ersetzen.

 

Anforderungen an Lehrkräfte

Neben der fachlichen und pädagogischen Qualifikation wird von Lehrkräften eine Identifizierung mit den Grundprinzipien von Waldorfschulen erwartet. Ein „klassisches“ Lehramts-Studium ist nicht zwingend notwendig, wohl aber eine fundierte Ausbildung in einem für Waldorfschulen relevanten Beruf. Dies kann z.B. auch eine künstlerische oder handwerkliche Ausbildung sein. Unabdingbar ist zudem eine spezielle waldorfpädagogische (Zusatz)-Ausbildung, die Interessierte in Deutschland an einem der elf Waldorfpädagogik-Seminare absolvieren können. Mehr zur Waldorf-Ausbildung können Interessierte in einer Broschüre des Bundes der Freien Waldorfschulen erfahren.

 

Entfaltungsmöglichkeiten für Lehrkräfte

Im Rahmen der Waldorfpädagogik können Lehrkräfte ihren Unterricht sehr individuell gestalten und vor allem auch eigene Begabungen und Interessen einbringen. Die besondere Herausforderung: Lehrkräfte sind nicht an den staatlich vorgegebenen Lehrplan gebunden. Es liegt in ihrem Ermessen und innerhalb der Entscheidungsfreiheit jeder einzelnen Schule, wie stark sie anthroposophische Lehren in ihren Unterricht mit einbeziehen. Neben dem eigentlichen Lehrstoff sollen die Pädagogen den Kindern grundsätzlich alles beibringen, was für die Persönlichkeitsbildung wichtig ist. Klassenlehrer/-innen haben an Waldorfschulen eine besonders enge Bindung an ihre Klassen, da sie diese über viele Jahre begleiten.

 

Umsetzung in die Praxis

Waldorfschulen arbeiten nach dem Prinzip der rhythmischen Gliederung oder Ritualisierung von Unterrichts-, Tages-, Wochen- und Jahresverlauf. Dies ist ein wesentlicher Inhalt der anthroposophischen Lehre. Zudem sind sie geprägt durch den starken Klassenverband. Das soziale Miteinander hat einen großen Stellenwert, weshalb die Schülerinnen und Schüler vom ersten bis zum letzten Schuljahr in einer Klasse zusammenbleiben. Die Kinder sollen intellektuell, künstlerisch und handwerklich in gleichem Maß ausgebildet werden, deshalb finden sich praktische und kreative Elemente in nahezu allen Unterrichtsfächern. Sitzenbleiben ist nicht möglich, denn alle Schüler sollen im Unterricht mitkommen und auf die Schwächeren wird große Rücksicht genommen bzw. sie werden bei Bedarf besonders intensiv gefördert. Noten werden lediglich in der Phase vor der Erlangung der Abschlüsse vergeben.

 

Status

In Deutschland sind Waldorfschulen staatlich anerkannte Ersatzschulen in freier Trägerschaft. Abschlüsse an Waldorfschulen sind in der Regel staatlich anerkannt. Jedoch müssen die Kinder die Schule jeweils rund ein Jahr länger besuchen: So erreichen sie den Hauptschulabschluss erst nach zehn Jahren, die mittlere Reife (abhängig von Schule und Bundesland) nach elf oder zwölf Jahren und das Abitur nach 13 Jahren.

 

Finanzierung

Waldorfschulen erheben Schulgebühren, die sich unter anderem aus dem Einkommen der Eltern errechnen. Allerdings gilt das Grundprinzip, kein Kind aufgrund der finanziellen Lage seiner Eltern vom Besuch einer Waldorfschule auszuschließen. Wie andere freie Schulen auch, erhalten Waldorfschulen staatliche Zuschüsse, die jedoch je nach Bundesland und politischen Mehrheitsverhältnissen variieren.

 

Weitere Informationen

Der Bund der Freien Waldorfschulen informiert über das pädagogische Prinzip, die Organisation und den Status von Waldorfschulen. Weiterhin schildert er ausführlich, wie die Ausbildung zum Waldorf-Lehrer verläuft. Für konkrete Informationen zu einzelnen Waldorfschulen empfiehlt sich der Blick auf deren Homepage.

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