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Teamarbeit unter Lehrkräften (Teil 3): Kollegiale Fallberatung
Nicht nur für unterrichts- oder planungsbezogene Fragen, sondern auch zur Konfliktlösung oder Erörterung von komplexen Problemstellungen sind schulische Teams geeignet. Bewährt hat sich hierbei die Kollegiale Fallberatung (KFB). Bei dieser erörtert und löst ein Team – etwa bestehend aus Lehrkräften – gemeinsam konkrete Problemfälle. Oft werden Fälle gebündelt und dann in einer Sitzung besprochen. Das Besondere an der Kollegialen Fallberatung sind die unterschiedlichen Rollen, die die Teilnehmenden innerhalb der Gruppe einnehmen. Es sind dies
- der oder die Fallschildernde
- der oder die Moderierende
- der oder die Beratende
Ablauf der Beratung
Zunächst wird die Rolle des Moderators besetzt. Er oder sie benennt anschließend den oder die Fallschildernde – also diejenige Person, die für ein konkretes Anliegen Lösungsansätze sucht. Zudem benennt er oder sie einen Sekretär/eine Sekretärin, der oder die die genannten Lösungsansätze notiert und ggf. den/die Fallschildernde unterstützt.
Anschließend hört die Gruppe sich das Problem an. Nach etwa 10 Minuten spontaner Schilderung durch den/die Fallschildernde und ggf. klärenden Rückfragen durch den Moderator, sollte sich eine Schlüsselfrage herauskristallisiert haben.
Nun kommen die Berater zum Zug. Mittels verschiedener Techniken erörtern sie nun den Fall. Möglich sind beispielsweise Diskussion, Rollenspiel, Mindmap, Brainstorming oder andere Methoden. In einem Zwischen-Resümee werden Schwerpunkte genannt und Lösungstendenzen festgehalten. Anschließend sucht die Gruppe gemeinsam nach einer Lösung. Die Beratungsrunde endet mit einem Feedback des/der Fallschildernden.
Je häufiger ein Team diese Art der Problemerörterung durchführt, desto geläufiger wird das Verfahren. Es bietet sich daher an, eine regelmäßige Kollegiale Fallberatungsrunde einzuführen – und diese nicht nur im Bedarfsfall tagen zu lassen. Von Vorteil kann überdies eine möglichst heterogene Zusammensetzung, beispielsweise unterschiedliche Lehrerfahrung, Dienstgrade oder variierende persönliche Nähe bzw. Distanz der Gruppenmitglieder sein.
Weiterführende Informationen
- Erläuterung der Kollegialen Fallberatung mit Hinweisen speziell für Referendarinnen und Referendare
- DVD Kollegiale Fallberatung der LMU: Die Pädagogische Fakultät der Ludwig Maximilians Universität München hat im Rahmen der Reihe „Unterricht Mitschau“ eine DVD zur KFB herausgebracht. Diese demonstriert die Methode anhand eines konkreten nachgestellten Beispiels.
- Bastian, Johannes, Combe, Arno & Langer, Roman: „Feedback-Methoden. Erprobte Konzepte, evaluierte Erfahrungen“. Beltz Verlag, 2003
- Bennewitz, Hedda & Daneshmand, Nasim: „Kollegiale Fallberatung – wie geht das? Praxisbegleitende Kleingruppenarbeit fördert pädagogische Kompetenz“, Friedrich Jahresheft 2010 (Lehrerarbeit – Lehrer sein). S. 65-67
Unterrichtsstörungen: Was tun, mit den „Störenfrieden“?
„Schwierige“ Schüler sind unaufmerksam, stören den Unterricht, lenken andere ab und arbeiten erst recht nicht mit. Dadurch blockieren sie nicht nur sich und ihre Mitschüler, sondern werfen jedes Unterrichtskonzept über den Haufen. Doch wie sollten Lehrkräfte chronischen Störenfrieden begegnen? Mit Strenge? Verständnis? Strafe? Oder doch einfach mit Geduld? Die jeweils „richtige“ Maßnahme ist ebenso schwierig zu finden wie die Gründe für die Störungen, denn diese können sowohl Über- als auch Unterforderung sein, können auf private Probleme hinweisen oder aber gesundheitlichen Ursprungs sein. Doch so sehr eine detaillierte Spurensuche nach den Beweggründen für die Unterrichtsstörungen auch angebracht sein mag: Hat sich eine Schülerin oder ein Schüler erst einmal als „Störer“ gezeigt, bleibt dafür meist weder Zeit noch Energie. Gefragt ist souveränes und konsequentes Handeln seitens des Lehrers.
Nicht vorschnell abstempeln
Doch was in der Theorie einfach klingt, gestaltet sich – wie so oft – in der Praxis als komplex. Denn Strenge und Strafe allein sorgen zwar vorübergehend für Ruhe im Klassenraum, packen das Problem jedoch nicht an der Wurzel. Stattdessen fördern sie Wut, Ablehnung und damit störendes Verhalten nur noch mehr. Gleichzeitig rauben sie Kraft und schaffen ein Klima der Destruktivität und Aggression.
Bis zu einem gewissen Maß lässt sich störendes Verhalten dadurch eindämmen, dass die Lehrkraft bestimmt und selbstbewusst auftritt. Dazu gehört eine entsprechende Körpersprache ebenso wie konsequentes Handeln, Schlagfertigkeit, fachliche Kompetenz und Konfliktlösungsfähigkeiten. Dies wirkt nicht nur auf die Schülerinnen und Schüler, sondern ist auch wichtig für den Aufbau bzw. Erhalt des Selbstbildes. Denn klar ist: Wer Schwäche zeigt, macht sich angreifbar.
Nach Ansicht des Gymnasiallehrers, Publizisten und ZEIT-Autors Michael Felten ist jedoch die Grundvoraussetzung für das „Knacken“ schwieriger Schüler der Glaube an ihre Fähigkeiten. Denn nur wer Störenfriede als prinzipiell lernwillige Wesen sieht – und sie nicht ausschließlich als Plagegeister verbucht – wird sie, so Feltens Überzeugung, auf Dauer auch erreichen können. Die Lehrkraft sollte sich folgende Fragen stellen: Welche Art von Störverhalten legt er oder sie an den Tag? Welche Resultate scheinen ihn/sie zu befriedigen? Geht es ihm/ihr hauptsächlich darum, ein Maximum an Aufmerksamkeit zu bekommen? Zeigt er/sie mitunter besondere Interessen und Neigungen? Kurz: Wie sieht seine/ihre „innere Zielsetzung“ aus?
Um ein möglichst stimmiges Bild zu bekommen, ist in einem weiteren Schritt auch die Zuhilfenahme ergänzender Informationen rund um den „Störenfried“ wichtig. Dies können Angaben über seine bzw. ihre Familienverhältnisse ebenso sein wie Beobachtungen von Kolleginnen und Kollegen oder Mitschülern.
Stören als Symptom
Michael Felten rät Lehrerinnen und Lehrern generell dazu, Stören durch eine besondere, dem jeweiligen Schüler/der Schülerin angepassten „Brille“ zu sehen und sich hierfür auch einmal in seine/ihre Lage zu versetzen. Gelingt es, auf diese Weise das Stören an sich als Symptom zu durchschauen, das stellvertretend für ein anderweitig existierendes Problem steht, ist der erste Schritt für das Auffinden der „Brille“ getan. Anschließend ist konstruktives Intervenieren angesagt. Dies kann verstärktes Aufrufen und Fordern im Unterricht ebenso sein wie das Nahebringen neuer Herausforderungen, das Eingehen auf Interessen oder Ähnliches. Denn indem eine Lehrkraft an den Stärken – und nicht an den Schwächen des störenden Schülers/der Schülerin ansetzt, entkommt sie nicht nur der Störungs-Spirale, sondern initiiert möglicherweise auch einen neuen, eher konstruktiv angelegten Umgang miteinander. Michael Felten fasst in einem Interview zusammen: „Es geht darum, die Schüler kognitiv zu aktivieren, denn nur das bewirkt aus Sicht der Lernforschung Lernen und Lernfortschritt.“
Zum Weiterlesen: Auf seiner Homepage informiert Michael Felten über aktuelle Beiträge zu Lernforschung, Unterrichtsgestaltung und Erziehung sowie über zahlreiche weitere pädagogische Themen.
Lehrergesundheit: Den Blick auf die Gesunderhaltung richten!
Mit PISA-Schock, G 8, Ganztagsdebatte und Inklusion sind nur einige der gesamtgesellschaftlich bekannten Faktoren genannt, die den Lehrerberuf derzeit vor immense neue Herausforderungen stellen. Gleichzeitig ist die Zahl der Frühpensionierungen sowie der Burnout-Fälle unter Lehrkräften in den letzten Jahren in ungeahnte Höhen geklettert. Doch es liegt auf der Hand, dass gerade jetzt leistungsfähige und nicht etwa überforderte Lehrer nötig sind, um die Umwälzungen in Sachen Schule mitzutragen. Bildungsforscher treibt daher immer mehr die Frage um, inwiefern diese beiden Entwicklungen zusammenhängen. Abzulesen ist dies auch an der steigenden Zahl der Studien, die sich mit Wohl und Wehe des Lehrerberufs auseinandersetzen. Sie alle ranken sich um die zentrale Frage: „Welche Faktoren sind es, die Lehrer besonders belasten?“
Eine Studie erweitert den Blickwinkel
Ob ihrer Vielschichtigkeit von herausragender Bedeutung ist insbesondere die Studie „Was hält Lehrer und Lehrerinnen gesund – die Bedeutung von Ressourcen, subjektiver Bewertung und Verarbeitung von Belastung für die Gesundheit von Lehrern und Lehrerinnen“ (Elke Döring-Seipel / Heinrich Dauber, 2010). Denn als eine der ersten wissenschaftlichen Analysen überhaupt nähert sie sich dem Thema Lehrerbelastung auf drei Ebenen und fragt:
- Welche Faktoren tragen am meisten zur Belastung von Lehrern bei?
- Gibt es subjektive Unterschiede beim Empfinden von Belastungen und welche sind die hierfür verantwortlichen Parameter?
- Welche Faktoren tragen zur Gesunderhaltung bei?
Für neue Erkenntnisse und Aufsehen in der Fachwelt sorgte die Analyse besonders aufgrund der dritten Betrachtungsebene. Denn anders als viele der vorhergegangenen Studien fokussiert sie nicht auf die defizitorientierte Frage „Was macht krank?“, sondern richtet den Blick auf die Erforschung derjenigen Faktoren, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit erhalten – und zwar auch unter schwierigen Arbeitsbedingungen.
Als wissenschaftlicher Unterbau diente den Autoren hierfür der salutogenetische Ansatz nach Aaron Antonovsky. Im Gegensatz zur Pathogenese, der Entstehung von Krankheiten, erforscht die Salutogenese die Entstehung bzw. Erhaltung von Gesundheit. Unabdingbar für Gesundheit ist nach Antonovsky dabei das sogenannte Kohärenzgefühl, das eine „stimmige Verbundenheit“ sowohl im Inneren, als auch im sozialen Gefüge beinhaltet. Übertragen auf den Lehrerberuf bedeutet dies, dass eine Lehrkraft in ihrem Wirken nur dann auf Dauer gesund und leistungsfähig bleiben kann, wenn eine Reihe von salutogenen Faktoren erfüllt werden. Hierzu gehört beispielsweise Anerkennung durch Kollegen und Vorgesetzte, ausreichende Kommunikation, das Erkennen von Sinn im täglichen Tun sowie ein Mindestmaß an Entscheidungsfreiheit. Eine im salutogenen Sinne gesunde Person sollte in der Lage sein, eventuelle Defizite zu erkennen – und zu beheben.
Was können Lehrkräfte daraus folgern?
Doch wie können Lehrerinnen und Lehrer Defizite selbst beheben? Schließlich lässt sich das Erkennen von Sinn im eigenen Handeln oder das Angenommensein im Kollegenkreis nicht per Knopfdruck herstellen.
Die Studie kommt hier zu einem entscheidenden, wenn auch nicht gänzlich überraschenden Fazit: Unter Berücksichtigung aller vorhandenen belastenden Faktoren attestiert sie dem Lehrerberuf zwar ein „gewisses gesundheitliches Gefährdungspotenzial“, weist jedoch Annahmen zurück, Lehrkräfte seien diesem schutzlos ausgeliefert. Denn die Schädigung durch belastende Faktoren nimmt, so die Studie, in dem Maße ab, in dem eine Lehrkraft über individuelle Ressourcen und Kompetenzen verfügt, mit eben jenen Belastungen umzugehen. Überspitzt ausgedrückt: Nicht jede Person ist tatsächlich für den Lehrerberuf geeignet.
Die Konsequenz hieraus gibt gleichzeitig eine Marschrichtung vor, in die sich künftige Bemühungen entwickeln sollten: Es mangelt vor allem an sachgemäßer Aufklärung und Information. Lehramts-Studierende wissen oft zu wenig über den Beruf, den sie ansteuern. Mitunter haben sie auch eine enorme Menge an Idealen verinnerlicht, die sie in ihrem späteren beruflichen Tun verwirklichen wollen. Der Praxisschock beim ersten „Schuleinsatz“ ist so vorprogrammiert. Daher sollten künftige Bemühungen verstärkt über den schulischen Alltag aufklären und auch nicht ausblenden, dass ein hohes Maß an salutogener Handlungsweisen nötig ist, um langfristig in dem Beruf glücklich zu werden.
Tipp zum Weiterlesen: Studie „Auf unsere Lehrerinnen und Lehrer kommt es an“, 2012 herausgegeben vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, Essen.
Teufelskreis Mobbing: Prävention muss erste Maßnahme sein
Neben der Arbeitsstelle ist die Schule Hauptschauplatz von Mobbing-Fällen. Eine Studie der Leuphana-Universität Lüneburg spricht gar von über 30 % aller Schülerinnen und Schüler in Deutschland, die bereits Erfahrungen mit Schikane oder „Fertigmachen“ in der Schule erlebt haben. Jeder Zehnte sei zudem bereits einmal Opfer von Gewalt gewesen. Hierzu zählt die Studie Raufereien oder Schlägereien auf dem oder rund um das Schulgelände.
Insbesondere die schulpsychologischen Beratungsstellen der einzelnen Bundesländer reagieren hierauf und informieren über schulspezifische Programme und Maßnahmen zur Bewältigung von Mobbing. Doch beginnt der Handlungsbedarf schon weitaus früher, nämlich bei der Prävention. Denn das Einschalten von Instrumenten zur Mobbing-Bewältigung erfordert zunächst stets das Eingeständnis: „Ja, an unserer Schule gibt es Mobbing“. Genau dieser Schritt ist es, den Lehrkräfte – und nicht zuletzt auch Schulleiter – oftmals scheuen. Denn viel zu oft wird das Aufkommen von Mobbing noch mit einem Versagen von Lehr- oder Führungskräften in Verbindung gebracht.
„Wie konnte es dazu kommen?“
Werden Lehrkräfte mit Mobbing in einer ihrer Klassen konfrontiert, beginnt vor allem das Umfeld oft, Fragen nach der Ursache zu stellen. Doch Mobbing deutet nicht zwangsläufig auf grundlegende Unterrichtsmängel hin. Noch weniger bemerkt eine Lehrkraft automatisch, wenn eine Schülerin oder ein Schüler unter Mobbing leidet. Denn es ist ein Prozess, den eine Gruppe immer wieder von alleine „befeuert“ und der nur in einem System aus Stillschweigen und Mitläufertum funktioniert.
Doch die Auseinandersersetzung mit Mobbing ist kräftezehrend und für Lehrkräfte ohne sozialpädagogische oder psychologische Zusatzausbildung oft nicht zu leisten. Die Folge: Eine Schule mit positivem Klima, gesunden Strukturen und funktionierender Kommunikation sieht weniger Bedarf für Mobbing-Prävention als eine Schule, in der es ohnehin schon „brodelt“. Doch gerade Prävention gilt mittlerweile als der nachhaltigste Weg, Mobbing zu verhindern. Bewährt hat sich hierfür eine Dreiteilung der Maßnahmen in die Schulebene, die Klassenebene und die persönliche Ebene.
Praxistipps Mobbing-Prävention
Umfangreiche Anti-Mobbing-Kampagnen an Schulen – oftmals durch Einbeziehung externer Fachleute – sind zwar ein guter Weg, Schüler auf Dauer zu einem Umdenken zu bringen. Jedoch sind sie für viele Schulen zu aufwendig bzw. zu zeit- oder kostenintensiv. Doch sind nicht nur professionelle Anti-Mobbing-Maßnahmen wirksam, sondern vor allem grundlegende Einstellungen und kleine Schritte, die jede Schule auch mit eigenen Ressourcen beherzigen und auf die Beine stellen kann:
– Nichts unter den Teppich kehren: Das Vorkommen von Mobbing darf niemals unter den Teppich gekehrt werden, nur um die Reputation zu schützen. Langfristig hilft gegen Mobbing nur offene Kommunikation.
– Auf dem Laufenden bleiben: Wichtig ist, sich selbst über die Gesetzeslage zu informieren: Welche Mobbing-Handlungen gelten bereits als Straftat und müssen dementsprechend geahndet werden?
– Offen sein für Weiterbildungen: Es gibt unzählige Fortbildungen in Sachen Konfliktmanagement, Mobbing-Prävention, Mediation etc.
– Kontaktstelle einrichten: Möglicherweise ist die Einrichtung einer Mobbing-Anlaufstelle an der Schule sinnvoll. Dies kann eine Person aus dem Kollegium, ein Schüler/Schülerin oder aber eine externe Person sein.
– Mediation: Eine Streitschlichter- bzw. Mediations-AG an der Schule ist ein besonders nachhaltiges Mittel, um Mobbing einzudämmen. Denn es ermutigt auch Außenstehende dazu, bei Mobbing zu intervenieren.
– Eigene Grenzen kennen und wahren: Lehrkräfte stoßen dann an ihre Grenzen, wenn massive psychische Störungen vorliegen, entweder beim Opfer oder bei einem Haupt-Mobbing-Täter. Dann ist die Konsultation eines Schulpsychologen unbedingt erforderlich.
Elternarbeit erfolgreich gestalten
Der Widerspruch ist gravierend: Spitzenreiter unter den vielfältigen Belastungsfaktoren von Lehrkräften ist, so berichten Lehrerinnen und Lehrer immer wieder, die Zusammenarbeit mit Eltern bzw. Erziehungsberechtigten. Doch paradoxerweise ist schulische Elternarbeit gleichzeitig eines der Themen, die weder in Studium noch weiterführender Lehrer-Ausbildung jemals gezielt vermittelt werden. Der Spiegel-Artikel „Kampfplatz Schule“ spricht gar von dem „am meisten vernachlässigten Thema des Bildungswesens“ und bescheinigt angehenden Lehrkräften einen regelmäßigen Praxisschock, wenn es an Auseinandersetzungen mit Eltern geht. Es ist folglich nicht verwunderlich, dass das Zusammentreffen mit Eltern für viele Lehrerinnen und Lehrer zu einem der am schwierigsten zu bewältigenden Themen des Schulalltags gehört. Erschwert wird die Kommunikation bzw. die Zusammenarbeit mit Eltern/Erziehungsberechtigten zusätzlich immer mehr durch die Aufweichung „klassischer“ Familienkonstellationen.
Dieser Mangel an Routine im Umgang mit Erziehungsberechtigten, gepaart mit dem ohnehin vollgepackten „To-do-Pensum“ vor allem junger Lehrkräfte, bringt eine logische Konsequenz mit sich: Der Kontakt mit Eltern bleibt auf ein Minimum beschränkt – und findet somit oftmals hauptsächlich anlässlich negativer Umstände oder Vorkommnisse statt. Eine Tatsache, die die Zusammenarbeit zusätzlich erschwert, aus Sicht der Lehrkräfte jedoch mehr als verständlich ist.
Elternarbeit – warum überhaupt?
Befragt man Lehrkräfte zur Häufigkeit von Elternkontakten, wiederholt sich eine Aussage konstant: Zu Eltern leistungsstarker Schülerinnen und Schüler besteht durchweg ein quantitativ und qualitativ besserer „Draht“ als zu Eltern von Schülerinnen und Schülern mit schulischen Problemen. Der Grund ist so banal wie naheliegend: Ausnahmslos alle Eltern hören über die Leistungen ihres Kindes lieber Lob, statt Beschwerden. Ebenso zeigen sich auch eher solche Eltern bereit, sich für die Schule und das außerschulische Leben zu engagieren, deren Kinder problemlos „mitschwimmen“. Und so treten diejenigen Eltern, deren Kinder in der Schule eher als „schwierig“ oder „problematisch“ gelten, schnell in eine Rückzugsspirale. Sie als Lehrkraft zu erreichen, wird immer schwieriger.
Einer der Hauptgründe, Elternarbeit systematisch zu betreiben, und nicht nur auf dringende Besprechungen wegen akuter Notfälle zu beschränken, ist daher, dieses Missverhältnis auszugleichen. Denn natürlich sollten gerade diejenigen Eltern möglichst nahe am Schulleben ihres Kindes teilhaben, deren Sprösslinge es in der Schule nicht immer leicht haben. Nur auf diese Weise kann es Schule gelingen, sich Eltern von „schwierigen“ Schülern auch einmal positiv, entgegenkommend und einladend zu nähern. Doch wie kann der Kontakt solide und für alle Seiten gewinnbringend gestaltet werden?
Elternarbeit: Ja, aber systematisch!
Auch wenn sich mittlerweile zahlreiche Lehrkräfte ihrer Aufgabe, Eltern gezielt einzubinden, mehr als bewusst sind, so fehlt es in der Praxis doch an Anleitungen über eine gelingende Umsetzung. Denn mit einer baldigen Aufnahme des Themas Elternarbeit in die Curricula der Lehramtsausbildung ist derzeit nicht zu rechnen. Hervorzuheben ist vor diesem Hintergrund eine jüngst erschienene Ausarbeitung der Vodafone Stiftung Deutschland. In dem Papier „Qualitätsmerkmale schulischer Elternarbeit – Ein Kompass für die partnerschaftliche Zusammenarbeit von Schule und Elternhaus“, erarbeitet von einem Team aus Lehrkräften, Wissenschaftlern und Bildungspolitikern, wird deutlich gemacht, wie vor allem die offene und Willkommen heißende Haltung der Schule dazu beiträgt, Eltern zur Zusammenarbeit zu gewinnen. Das Papier steht im Netz kostenlos zum Download bereit.
Wege aus dem Tunnelblick: Coaching für Lehrkräfte
Ob Coaching, Training oder Supervision: Die Anforderungen in der Berufswelt werden immer komplexer – und so wächst auch die Bandbreite professioneller Beratungsformen. Richteten sich Beratungs-Dienstleistungen noch vor gut einem Jahrzehnt nahezu ausschließlich an sogenannte High Potentials, also Personen in führenden Management-Positionen, hat sich mittlerweile einiges getan in der Berater-Szene. Coaches und Trainer gibt es für fast alle Berufsformen und ebenso für private Belange. Doch während Berater in der freien Wirtschaft nach wie vor primär die Optimierung des unternehmerischen Gewinns im Blick haben, kümmern sich Coaches und Trainer um die psychosozialen Bedürfnisse und Nöte von Berufstätigen.
Auch in Schulen bzw. für in Schulen Tätige übernehmen immer mehr hochqualifizierte Personen beratende Funktionen. Hauptzielgruppen dort sind einerseits schulische Führungskräfte, andererseits Referendare vor wichtigen Unterrichtsbesuchen, in der Vorbereitungsphase für das zweite Staatsexamen oder „fertige“ Lehrkräfte am Anfang ihrer schulischen Tätigkeit. Immer mehr suchen jedoch auch „gestandene“ Lehrkräfte professionellen Rat, beispielsweise wenn sie sich in Mobbing- oder sonstigen Krisensituationen befinden und für die Lösung ihres Problems keinen Ausweg sehen.
Bevor jedoch externer Rat hinzugezogen werden kann, stellen sich die Fragen „Wie?“, „Woher?“ und „Welche Art von Beratung?“ Eine gesunde Portion Vorsicht ist hier normal – und auch angebracht. Denn am Markt tummeln sich neben vielen sehr kompetenten und exzellent ausgebildeten Beratern auch zahlreiche „Hau-Ruck-Coaches“, die ihre Profession in Wochenendkursen oder im Selbststudium erlernt haben. Um also einschätzen zu können, welche Form von externer Beratung angebracht und wo entsprechende Hilfe zu finden ist, ist einiges Vorwissen von Vorteil.
Die passende Beratung finden
Für Lehrkräfte und schulische Führungskräfte ist es ratsam, sich zunächst an eine schulpsychologische Beratungsstelle zu wenden. Diese gibt Hilfestellung bei der Inanspruchnahme von Beratungs-Dienstleistungen. Einen guten Überblick liefert eine Karte aller bundesweiten schulpsychologischen Beratungsstellen. Darüber hinaus sollten sich Ratsuchende damit auseinandersetzen, welche Art von Beratung oder Hilfe sie überhaupt suchen. Folgende Begrifflichkeiten werden unterschieden:
Supervision hat ihren Ursprung im sozialen Bereich, denn gerade Krankenschwestern, Altenpfleger oder Sozialarbeiter – kurzum Berufe mit hoher menschlicher Anteilnahme und Idealismus – neigen dazu, sich zu verausgaben. All dies trifft auch auf Lehrkräfte zu. Die Supervision, durchgeführt von Supervisoren mit umfangreicher sozialpädagogischer, psychologischer oder pädagogischer Ausbildung, sorgt in erster Linie für emotionale Entlastung und bietet eine Plattform für das Reflektieren beruflicher Probleme. Ihr Ziel: Stärkung von Arbeitszufriedenheit und Leistungsfähigkeit und Burnout-Prävention.
Coaching ist eine lösungsorientierte Form der Beratung und als solche stets an einer konkreten beruflichen Situation ausgerichtet. Hier stehen weniger sozial-emotionale, als organisatorisch-strukturelle Aspekte im Vordergrund. Führungskräfte nehmen Coaching in Anspruch, um beispielsweise ihre Führungskompetenzen zu vertiefen und strukturelle Abläufe in der Organisation zu verbessern. Berufseinsteiger können vom Coaching profitieren, indem sie für sich Arbeitsweisen neu entwickeln, Routinen festklopfen und Anfangsbelastungen abpuffern. Charakteristisch für Coaching ist, dass Coaching-Klienten (auch Coachees genannt) einen für sie passenden Lösungsansatz selbst erarbeiten – unter Anleitung eines Coachs.
Beim Training geht es darum, bestimmte Verhaltensweisen und Fertigkeiten durch Übung und Wiederholung einzustudieren – eben zu trainieren. Der Trainer fungiert hier also eher als Anleiter, weniger als Wegweiser. Typische Trainings sind beispielsweise Rhetoriktraining, Sprech- und Stimmtraining, Moderationstraining, Gedächtnistraining oder Motivationstraining.
Wie finde ich einen guten Coach?
Vor der Kontaktaufnahme zu einem/einer Coach empfiehlt sich stets zunächst das Umhören im Kollegenkreis: Hat jemand bereits Coaching-Erfahrungen gemacht und kann einen Rat geben? Kommt dann ein/eine Coach in die nähere Auswahl, empfiehlt es sich, ein unverbindliches Vorgespräch zu vereinbaren. Denn für eine erfolgreiche Zusammenarbeit muss die Chemie zwischen Coach und Coachee stimmen.
Weiterhin gelten folgende Tipps zur Suche nach dem passenden Coach:
– Ausbildung prüfen: Wo hat der/die Coach seine Ausbildung absolviert?
– Gibt es Referenzen über erfolgreich abgeschlossene Coachings?
– Ist der/die Coach Mitglied in einem Berufsverband?
– Liegt eine Spezialisierung vor?
– Gibt es seitens des/der Coachs Auswahlkriterien?
– Ist er/sie in der Lage, seine Methoden schlüssig zu erklären?